Montag, 13. Juni 2011

Kapitel 11 - Finale

Herr Lustig schrieb unbeirrt in seinen Unterlagen und schaute zu keinem Zeitpunkt hoch. Sein Stift sah dabei genauso genervt aus, wie der Mann, der ihn führte. Wäre ich das Blatt gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich von selbst unter dem Stift hin und her bewegt. Nur, um ihn bloß nicht noch mürrischer zu machen.

Doch etwas änderte sich auf einmal! Herr Lustig veränderte sich. Ich konnte es nicht genau erfassen, aber es ließe sich wohl als "Entspannen" beschreiben. Ja, Herr Lustig entspannte seine Gesichtsmuskeln. Es war schon fast so, als könnte man ihm etwas freundliches abgewinnen. Ja, sogar ein Mundwinkel fing an, sich zu heben. Sollte ich mir Sorgen machen? Ging es Herr Lustig gut?

Herr Lustig schaute von seinem Blatt herauf und mir direkt in die Augen. Seine Mundwinkel zogen sich auseinander und es war fast so, als würde er versuchen ein schelmisches Grinsen zu unterdrücken. Ja, es war ein Grinsen... Unglaublich!! Ich hätte nie auch nur erwägt, dass Herr Lustig im Stande ist, eine derartige Gefühlsregung von sich zu geben. Aber er grinste und fragte mich prompt, was ich denn glaube, wie es gelaufen sei? Ich war einfach nur baff. Der Mann war doch mehr als nur ein verbitterter Eisblock. Ich starte ihn fragend an und wusste wirklich nicht was ich antworten sollte. Er lächelte, schaute erneut kurz auf sein Blatt und.....

Klack... ich zuckte zusammen. Mein Stift, den ich im Flugzeug die ganze Zeit benötigte, um irgendwelche Zeiten zu notieren, hatte auch danach nicht meine Hand verlassen. Jedenfalls bis zu diesem Moment und nun lag er vor mir auf dem Boden. Ich griff kurz entschlossen hinab, schnappte mir dieses verdammte Ding und richtete mich sofort wieder auf, um nun endlich das Ergebnis zu erfahren. Doch etwas stimmte nicht....

Herr Lustig schrieb unbeirrt in seinen Unterlagen und schaute zu keinem Zeitpunkt hoch. Sein Stift sah dabei genauso genervt aus, wie der Mann der ihn führte. Wäre ich das Blatt gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich von selbst unter dem Stift hin und her bewegt. Nur, um ihn bloß nicht noch mürrischer zu machen. Aber ich war nicht das Blatt. Ich war der, der vor seinem Schafrichter saß. Und der zeigte nach inzwischen mehr als 2 Stunden und 10 Sätzen immer noch keine einzige Regung. Nur einen permanent genervten Gesichtsausdruck. "Blödes Kopfkino" schoss es mir durch den Kopf. Herr Lustig schrieb und schrieb. Hier ein paar Worte, da ein paar Häkchen und dort ein paar Striche.

Keine Reaktion.

Ich: Hüstel...

Keine Reaktion.

Ich bewegte mich unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Einerseits weil ich langsam mal wissen wollte, wie es nun ausgegangen ist und andererseits, weil meine Blase nun schon seit Minute 20 nach dem Start drückte. Aber was interessiert Herr Lustig schon meine Blase, geschweige denn mein Prüfungsergebnis.

Ich: stärkeres Hüsteln...

Herr Lustig bemerkte es und schaute zu mir auf. Allerdings mit nur einem sehr fragendem Blick. Und mir platzte gleich der Kragen oder wenigstens die Blase.

Also fragte ich ihn nun schlussendlich: „Wie war es denn nun Herr Lustig?“ Herr Lustig schaute wieder verdutzt und stammelte los: „Achso… äh… ja… war ok. Sie müssen hier noch unterschreiben und dann bekommen sie demnächst Post von der Landesbehörde.“

12 Sätze.. und meine Prüfung war bestanden. Herr Lustig stand auf, ließ sich sein Formular gegenzeichnen und ging mit den Worten: „Schönen Tag noch“.

Und ich saß da…

Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war, aber irgendwann kam einer meiner Fluglehrer herein. Er gratulierte mir und sagte, ich solle mir nichts daraus machen: „er wäre wohl immer so“. Na fein…

Es folgten ein paar kurze Gespräche mit den Angestellten der Flugschule, ein paar Gratulationen und dann ging ich.

Epilog

Ich saß im Auto und wusste ehrlich gesagt nichts mit mir anzufangen. Ich versuchte mich zu freuen. Ehrlich!! Aber irgendwie war ich mehr verwirrt über das Erlebte. Wahrscheinlich würde ich mich jetzt anders fühlen, wenn meine Freundin oder irgendjemand anderes freudestrahlend auf mich gewartet hätte. Aber ich war allein. Da war niemand. Nur ich und das Erlebte. Ich wollte natürlich sofort zu Hause anrufen und die gute Nachricht übermitteln. Aber das ganze freudig rüber zu bringen, kam mir irgendwie surreal vor.

Das war es jetzt? Bin ich jetzt Pilot?

Ich fuhr völlig in Gedanken versunken zu meinem Vater, der mit Steak, kühlem Bier und einer Zigarre schon auf mich wartete. Es dauerte wohl noch ein bis zwei Stunden bis das Ganze bei mir ankam, aber dann konnte ich mich auch langsam freuen.

Es war geschafft… Ich bin jetzt Pilot.

1 Kommentar:

Chrissi hat gesagt…

Na toll, ganz zufällig schaue ich mal wieder auf diesen Blog und oh welch Wunder, Kapitel 11 lacht mich an. Ich hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet.
Ja Herr Lustig ist wirklich ein toller Mann, der bestimmt in den Keller geht, um zu lachen.
Aber wie auch immer, ich bin stolz auf dich und freue mich schon auf unseren ersten gemeinsamen Flug.