Montag, 15. November 2010

Kapitel 7 - Mir ist langweilig

Der Flug verläuft Ereignislos. Ich muss zwar aufpassen das ich immer den Überblick behalte wo ich bin, da sämtliche Navigationsinstrumente für mich Tabu sind, aber ansonsten ist echt nicht viel los. Herr Schweigsam sitzt einfach nur da und tut nichts. Was ist das bloß für eine schräge Prüfung???

Ich wünsche mir ein Knopf zum auslösen eines Schleudersitzes für Herrn Schweigsam. Würde er mich doch wenigstens noch ein bisschen Angiften. Aber er schweigt und mir wird langweilig. Ein merkwürdiger Tag.

45 Minuten sind vergangen. Es ist immer noch blauer Himmel und die Luft ist so thermisch das wir ständig um ein paar Fuß nach oben oder unten gedrückt werden. So die vorgegebene Höhe einzuhalten, stellt mich wenigstens vor ein bisschen Herausforderung. Plötzlich:

Herr Schweigsam:  "Die Navigationsübung ist hiermit beendet und wir kommen zu den Flugverfahren."

ES SPRICHT!!!!!

Jetzt kamen die interessanten Übungen. Bisher hab ich einen Nav-Punkt nicht auf Anhieb gefunden und einmal eine Autobahn verwechselt, aber den Fehler jedes Mal selbst entdeckt und korrigiert. Also nichts Weltbewegendes. Aber jetzt wurde es spannend. Es galt verschiedenste Übungen zum Thema Strömungsabriss, Steilkurven und Notverfahren zu absolvieren. Und obwohl ich das Programm mehr oder minder aus dem Kopf konnte, ließ ich es mir nicht nehmen die komplette Aufgabe erklären zu lassen. Und so brachte es Herr Schweigsam auf sage und schreibe 8,5 Sätze. Hut ab!!

Na jedenfalls flogen wir nun verschiedenste Steilkurven mit bis zu 60° Schräglage. Überzogen das Flugzeug bis zum einsetzenden Strömungsabriss, um es danach wieder aus der einsetzenden Abwärtsbewegung zu recovern(abzufangen). Dann gab es noch eine Schicke Brille auf die Nase die mir die Sicht nach draußen nahm und ich sollte nun rein nach Instrumenten fliegen. Das ganze verlief soweit ganz gut, bis auf eine Übung die ich wegen der dauernden Thermik wiederholen sollte. Aber alles kein Problem.

Das mir in der ganzen Zeit keinerlei Feedback von Herr Schweigsam entgegen kam, brauch ich wohl an dieser Stelle nicht mehr zu erwähnen.

Aber dann: Herr Schweigsam wurde wieder Lustig und riss mir den Schubhebel in den Leerlauf.

Herr Lustig:  "Ihr Triebwerk ist ausgefallen, was tun Sie?"

Ich grinste....

Samstag, 6. November 2010

Kapitel 6 - Der Backofen

Wir sitzen im Flugzeug und nachdem die ersten Checklisten gelesen sind, schließe ich in brütender Hitze die Kabinenhaube. Es sind gefühlte 50° Celsius in unserem Flieger. Und wahrscheinlich entspricht das sogar der Wahrheit. Der Motor ächzt, als das Benzin/Luftgemisch zur Zündung kommt. Er hat genauso wenig Lust bei dieser Hitze zu arbeiten wie ich. Und Herr Lustig wahrscheinlich auch nicht, aber dem Typ gönne ich gerade diesen Höllenoffen. Ich mache den Funk und rolle als erstes zur Tankstelle. Das kurze Aussteigen und Betanken des Flugzeug verschafft noch einmal Abkühlung. Die nächste wird es wohl erst wieder in der Luft geben.

Und Herr Lustig sagt kein Wort. Kann der endlich mal sprechen!!, denke ich bei mir. Aber es kommt nichts. Das betanken ist beendet und wir sitzen erneut im Backofen.

"Hangelar Info, D-EFTG, Katana 20, Position Tankstelle, 2 Personen für einen 1,5h Prüfungsflug, erbitte Abfluginformationen".

Jetzt wird es langsam ernst. Herr Lustig ist Herr Schweigsam und ich bin inzwischen davon überzeugt, dass sein Funkgerät kaputt sein muss. Aber wen juckts...

Info (der Tower) gibt mir die benötigten Informationen und wünscht mir für die Prüfung viel Glück. Ich kann's gebrauchen. Aber vielleicht ist Herr Schweigsam inzwischen weich gekocht.

Wir starten und die Maschine beschleunigt trotz der Hitze zügig die 800m lange Bahn entlang. Etwa im ersten Drittel heben wir ab und ich spüre wie die Luftdüsen langsam anfangen, kühle Luft ins Innere des Backofens äh....der Maschine zu pusten. Na wenigstens wird es kühler...

Ich gehe auf Kurs und fange an den Teil "Überlandnavigation" abzufliegen. Dabei gilt es, gemäß Flugplan, jeden terrestrischen Navigationspunkt nach berechnetem Steuerkurs und Flugzeit zu finden. Mein Problem: Es geht dieses Mal in die einzige Richtung in die ich in meiner Ausbildung noch nie geflogen bin. Zu meiner Beruhigung hat mir einer meiner Fluglehrer, eine Stunde vor Abflug, Hinweise gegeben wie ich manche Punkte finde. "Flieg das Tal entlang. Und wenn am Ende des Tals ein weiteres Quer kreuzt, mit einem dicken Bergrücken an der Seite, dann bist du zu weit", sagte er mir.

Ich fliege nun seit 20 Minuten. Außer den 3,5 Sätzen vor dem Flug hat Herr Schweigsam immer noch nichts gesagt. Ist sein Headset vielleicht wirklich kaputt?? Vielleicht auch besser so.

Ich kommentiere jedenfalls brav jeden einzelnen meiner Handlungsschritte und fliege weiter. Die ersten Punkte sind bereits gefunden und es geht weiter. Da sehe ich auf einmal das versprochene Tal. Ich schaue hinaus und freue mich über die kleine Hilfestellung meines Fluglehrers.

Das Problem was ich habe, dass ich dieses kleine Segelfluggelände einfach nicht finde, was da angeblich unten sein soll. Wo ist dieses Mistding??? Und auf einmal überschieße ich das Quertal am Ende und sehe den Bergrücke vor mir.

Mist!!! Ich bin zu weit. Also heißt es jetzt rumkurven und suchen! Jedenfalls bin ich mir schon mal sicher das ich im richtigen Tal bin. Aber wo ist bloß dieser Platz????

2 Minuten später hab ich ihn. Und es tönt durch den Äther in gewohnt schlecht gelaunter Art: "Das wurde ja auch Zeit".

Verdammt... Sein Funk geht doch.

Dienstag, 2. November 2010

Kapitel 5 – Wie heißt das Ding eigentlich???

Herr Lustig kommentierte seinen spontanen Auswurf nicht weiter. Und da es mir sichtlich Mühe bereitete aus seinem frustrierten Gesicht überhaupt irgend eine andere emotionale Regung zu lesen, nahm ich es einfach hin und hakte das ganze unter "Macht ja eh kein Unterschied" wieder ab.

Wir verstauten nun unser Equipment im Flugzeug und Herr Lustig gab mir mit knappen Worten(was sonst??) zu verstehen, dass er den Prüfungsabschnitt Vorflugkontrolle jetzt schon beginnen möchte und wir das Tanken auf dem Weg zum Start erledigen werden. Also begann damit der praktische Teil meiner Prüfung.

Ich lief nun also, wie ich es gelernt hatte, um das Flugzeug und schaute mir alle wichtigen Teile ganz genau an. Dabei nahm ich stets meine Hand und berührte jeden Abschnitt den ich prüfte, damit der total gelangweilte Typ auch ja mitbekam wie souverän und vorbildlich ich hier mein Handwerk erfüllte.

Querruderklappen, Bolzen, Bremsen, Höhenruder, Seitenruder und und und.... Alles wurde sorgfältig in Augenschein genommen. Mit einem kaputten Auto loszufahren ist ja eine Sache. Im Zweifel bleibt man mit der Kiste einfach am Straßenrand stehen. Aber mit einem kaputten Flugzeug los zu fliegen, kann einen in ein paar Km Höhe ganz schön ins Schwitzen bringen!!!

LUSTIG: "Was ist denn das hier?" sprach er plötzlich und zeigte auf ein metallenen, runden, etwa 0,5mm dicken und 2cm langen Stift, der an der Kanzel des Flugzeugs herausstach, als wenn er dort eigentlich nichts verloren hätte. Wow, Herr Lustig spricht mehr als 3 Worte. Und sogar einen ganzen Satz!!! Vielleicht bekommen wir ihn ja doch noch dazu ein wenig zu plaudern. Mir schießt ein Gedanke durch den Kopf: Wie würde Herr Lustig wohl neben Tony Curtis und Jack Lemmon, mitten in "Manche mögen's heiß", aussehen. Quasi als Daphne und Josephine's neue Freundin.

Lustig: "Und?? was ist das für ein metallenes Ding?"

ICH: "Ähhhhhhhhhhhhhhhhm."

Ich brauchte gar nicht darüber nachzudenken, ich wusste es eh nicht!!! Mir fiel nur ein wie ich fast jedes einzelne mal bei der Vorflugkontrolle darüber schaute und mir jedes Mal vornahm, einen meiner Lehrer zu fragen, was das Ding da eigentlich macht!!! Wirklich, jedes einzelne Stück an diesem Flugzeug war mir vertraut. Ich konnte über jedes Teil erzählen was es macht. Aber dieses kleine unnütze Metalldings, das noch nicht einmal eine Öffnung hatte, hing da einfach nur dumm in der Gegend rum.

ICH: "ähhhhhhh."

Ich ging in meinem Kopf jedes Instrument im Cockpit durch, was irgendwie mit irgendetwas an diesem Flugzeug verbunden war. Höhenmesser, Gyro, künstlicher Horizont, Navigationsempfänger, GPS... Mein Kopf arbeitete auf Höchstgeschwindigkeit. 

"Das müsste der Temperaturfühler sein!", sprach ich, meine Unsicherheit verbergend, in einem bestimmten Ton. Mir viel nur ein Bruchteil einer Sekunde vorher ein, dass im Cockpit noch eine Temperaturanzeige ist und ich mich schon immer fragte, wie die Ihre Messungen macht. Also kombinierte ich beide Fragen und das war meine Antwort!!! Ich hatte keine Ahnung ob's stimmte, war aber fast schon ein wenig stolz für diese Kombinationsgabe. Auch wenn's wahrscheinlich eh nicht Stimmte. Aber die Antwort klang eben gut.

Herr LUSTIG: "Aha", guckte irritiert und ging weiter.

WAAAAASSSSS... der hat ja auch keine Ahnung!! Irre. Ich musste mir schwerlich ein Grinsen verkneifen. Dann war das jetzt also der Temperaturfühler! Im übrigen: Ich habe bis heute keine Ahnung, für was dieses Ding eigentlich gut sein soll, aber Temperaturfühler klingt für mich einfach Stimmig.

Wir setzten jedenfalls unsere Route ums Flugzeug fort und obwohl mir bei der nächsten Frage der präzise Name eines Bauteils nicht mehr einfiel, was nicht weiter tragisch war, da ich die genaue Funktion hervorragend erklären konnte(diesmal nicht ausgedacht), beendete ich die Vorflugkontrolle mit einem guten Gefühl. Allerdings war das ja auch das leichteste und kleinste Stück, dass vor mir lag.