Sonntag, 5. Dezember 2010

Kapitel 8 - Den kenn ich schon

Der Flieger machte wie immer eine abrupte Vollbremsung, als der Motor keine Leistung mehr von sich gab. Und nach Erreichen der besten Gleitgeschwindigkeit ging es nun Bergab. Es kam mir vor wie ein Spiel, dass ich inzwischen nur zu oft gespielt hatte. Aber mit Herrn Lustig neben mir, gab es der Sache noch den besonderen Reiz.

An diesem Tag vom Himmel zu fallen, war schon fast wieder eine Herausforderung. Die Thermik hob uns bei 30 Grad im Schatten derart nach oben, dass der Flieger alles wollte, nur eben nicht den unumstößlichen Gesetzen der Schwerkraft zu folgen.

Ich suchte mir also einen geeigneten Acker, kommentierte meine Auswahl und begann sofort mit dem Abarbeiten der notwendigen Maßnahmen. Aber anstatt den üblichen 5-6 Minuten, die ich sonst immer hatte, bis das Flugzeug ungefähr einen Kilometer Flughöhe abbaute, waren wir nun schon 10 Minuten ohne Motor unterwegs. Und es waren noch gute 1300ft (~400m) Höhe, die es abzubauen galt. Dummerweise waren alle Punkte meiner Checkliste schon abgearbeitet, die Luftaufsicht informiert und die Vorbereitung für die Landung abgeschlossen. Aber was nun? Herr Lustig? Fehlanzeige!! Von dem kam nichts. Es war sogar so viel Zeit, dass ich mir ernsthaft darüber Gedanken machen konnte, ob die theoretische Möglichkeit bestünde, dass einem tatsächlich während eines Ernstfalls langweilig werden könnte. Mit Herrn Lustig neben sich..

GANZ BESTIMMT.

Wir segelten also dahin und nun galt es die Geheimwaffe rauszuholen. Mit diesem Schachzug würde Herr Lustig mit 100%iger Sicherheit davon überzeugt sein, dass ein Flugzeug in meinen Händen etwas Gutes wäre!!

ICH: "Herr Lustig, wir werden das Landefeld wechseln! Ein paar hundert Meter weiter westlich gibt es ein Segelfliegerlandeplatz. Die Chancen einer erfolgreichen Notlandung sind dort wesentlich höher, als auf einem Acker."

Gott, kam ich mir innovativ vor!! Zugegeben, hätte mein Ausbildungsleiter im letzten Checkflug nicht genau das gleiche Spiel mit mir getrieben und hätte mich auf so eine Option hingewiesen, so wäre ich wahrscheinlich bei dem Acker geblieben. Aber jetzt in diesem Augenblick war es MEINE Idee. Und die war einzigartig. Ein Ausdruck fachmännischer Luftfahrerschule. Der Inbegriff von Airmanship.

Und Herr Lustig... Er nickte nicht einmal.

Das Ziel war fest vor Augen und so langsam sah auch mein kleiner Joghurtbecher ein, dass er nicht ewig den Gesetzen der Physik trotzen kann. Noch ein paar hundert Meter galt es zu überwinden. Und nachdem eine Landung sicher zu sein schien, kam auch prompt das Signal zum Durchstarten. Ich gab also vollen Schub, konfigurierte das Flugzeug für den Steigflug und kurz darauf knarrte es durch den Äther:

"Die Übung war in Ordnung, aber der Acker vorhin hätte mir auch gereicht."

Na toll....

2 Kommentare:

Julia hat gesagt…

Das Warten hat sich gelohnt ;)...

Hoffe, du hast dir die Kommentare von Herrn Lustig nicht so zu Herzen genommen! Ich bin jedenfalls sehr stolz auf dich, dass du einen geeigneteren Landeplatz gefunden hast!

Chrissi hat gesagt…

"Na toll" war auch mein Kommentar, als ich den Satz von Herrn Lustig las. Aber ich finde es auch genial, wie du das gemeistert hast und lass dir nichts anderes einreden. Ich wünsche mir, dass wir auf Kapitel 9 nicht wieder so lange warten müssen.
Aber auch ich bin stolz auf dich.
DM