Freitag, 10. Dezember 2010

Kapitel 9 - Es reicht

Langsam war's genug!!! Ich hatte keine Lust mehr. Die Nervosität war schon seit einer ganzen Weile dahin. Nur etwas Anspannung war geblieben, da ich mir schon irgendwo vorgenommen hatte diese blöde Prüfung abzulegen, und zwar bevor es zurück nach Berlin geht. Aber dieser Kerl neben mir hat es doch tatsächlich geschafft, dass ich damit vollständig abgeschlossen hab. Es war mir nicht egal, aber ich hatte komplett den Spaß an der Sache verloren. Ich habe wirklich noch nie einen Menschen getroffen der es schaffte seine komplette Umgebung mit seiner Unlust zu verseuchen. Ne tolle Basis für eine Prüfung.

Aber bald war es geschafft. Der Kompass zeigte irgendwas mit 260° an und obwohl wir die letzte halbe Stunde kurvend durch die Landschaft gegurkt sind wusste ich, dass es wieder zurück Richtung Heimat ging. Viel galt es also nicht mehr zu machen. Und dann würde ich diesen Typen ein für allemal los werden.

CBS: "Hangelar Info, D-EFTG, Katana 20 zur Landung, erbitte Anfluginformation"
Tower: "D-EROE, Hangelar Info, zur Piste 29, QNH 1012 mit starker Thermik"

Das hab ich auch schon mitbekommen !!! Wir flogen also zurück zum Platz und ordneten uns gemäß Anflugverfahren in die Platzrunde ein. Nun galt es meine Landetechnik, in mehreren Landungen, genau unter die Lupe zu nehmen. Klappen raus, Speed auf 70kt, Final Checklist lesen und schon ging es runter zur Bahn. Mit rechtzeitig reduziertem Gas und der starken Bremswirkung meiner Landeklappen, konnte ich problemlos Höhe abbauen und das obwohl die Thermik das Flugzeug fast ununterbrochen in die Höhe drücken wollte. Kurz über der Bahn erhöhte ich den Anstellwinkel und gleitete ruhig über den heißen Asphalt.

"Durchstarten", tönt es durch meine Kopfhörer. Das fällt ihm ja reichlich früh ein!! Voller Schub, klappen auf Take-off, Vergaservorwärmung wieder rein und schon steigt der Flieger ganz wie von selbst. Zurück in der Platzrunde ordnete Herr Lustig einen Defekt meiner Landeklappen an. Und das war bei dem Wetter schon ein leichtes Problem!!

Viele wissen ja, dass die Landeklappen an einem Flugzeug den Auftrieb des Flügels deutlich erhöhen. Das hat den Vorteil, dass ein Flugzeug im Landeanflug also deutlich langsamer Fliegen kann, als es ohne Klappen möglich wäre. Was einige aber nicht wissen, ist das die Landeklappen auch eine enorme Bremswirkung haben. Das Flugzeug kann also zwar langsamer als gewöhnlich fliegen, aber gleichzeitig bremst es derartig, dass man im Landeanflug immer etwas Gas auf dem Triebwerk stehen lassen muss, da sonst die Maschine zu langsam würde und dann vom Himmel fiele. Alternativ zum Gas geben, kann man natürlich auch die Sinkrate etwas erhöhen und die Schwerkraft ausnutzen um die Geschwindigkeit zu halten. Sooo, und wer von euch jetzt noch nicht eingeschlafen ist, der hat vielleicht kombiniert, dass die Landeklappen bei thermischer Luft(Flugzeug will nach oben) ungemein nützlich sein können. Denn Sie bremsen den Flieger unweigerlich soweit ab, dass er einfach nach unten muss. Thermik hin oder her.

Aber nun waren die Landeklappen defekt!! Und da ja nichts mehr zusätzlich Auftrieb erzeugte, musste ich also den Anflug schneller fliegen als normal, da ja am Flügel sonst die Strömung abreißt. Innerhalb der Platzrunde, in der man immer auf einem vorgegebenen Kurs, sowie festgelegter Höhe bleibt, war das natürlich kein Problem. Aber ab dem Moment, in dem ich sinken sollte, gab es nichts mehr was den Sinkflug bremste!!! Anstatt also die Landegeschwindigkeit zu halten, während es Abwärts ging, wurde ich immer schneller. Ich konnte mich als zwischen Sinken oder Geschwindigkeit halten entscheiden. Beides zusammen ging aber nicht. Und wer sich jetzt fragt wo das Problem sei? Man könne ja vielleicht mit ein bisschen mehr auf dem Tacho landen, klappt ja schließlich auch wunderbar im Auto auf der Autobahn. Dem möchte ich folgendes Bild vor das geistige Auge führen:

Stellt euch vor, Ihr werft ein flachen Stein, mit sehr hohem Tempo, flach auf die Oberfläche eines Sees...

Sonntag, 5. Dezember 2010

Kapitel 8 - Den kenn ich schon

Der Flieger machte wie immer eine abrupte Vollbremsung, als der Motor keine Leistung mehr von sich gab. Und nach Erreichen der besten Gleitgeschwindigkeit ging es nun Bergab. Es kam mir vor wie ein Spiel, dass ich inzwischen nur zu oft gespielt hatte. Aber mit Herrn Lustig neben mir, gab es der Sache noch den besonderen Reiz.

An diesem Tag vom Himmel zu fallen, war schon fast wieder eine Herausforderung. Die Thermik hob uns bei 30 Grad im Schatten derart nach oben, dass der Flieger alles wollte, nur eben nicht den unumstößlichen Gesetzen der Schwerkraft zu folgen.

Ich suchte mir also einen geeigneten Acker, kommentierte meine Auswahl und begann sofort mit dem Abarbeiten der notwendigen Maßnahmen. Aber anstatt den üblichen 5-6 Minuten, die ich sonst immer hatte, bis das Flugzeug ungefähr einen Kilometer Flughöhe abbaute, waren wir nun schon 10 Minuten ohne Motor unterwegs. Und es waren noch gute 1300ft (~400m) Höhe, die es abzubauen galt. Dummerweise waren alle Punkte meiner Checkliste schon abgearbeitet, die Luftaufsicht informiert und die Vorbereitung für die Landung abgeschlossen. Aber was nun? Herr Lustig? Fehlanzeige!! Von dem kam nichts. Es war sogar so viel Zeit, dass ich mir ernsthaft darüber Gedanken machen konnte, ob die theoretische Möglichkeit bestünde, dass einem tatsächlich während eines Ernstfalls langweilig werden könnte. Mit Herrn Lustig neben sich..

GANZ BESTIMMT.

Wir segelten also dahin und nun galt es die Geheimwaffe rauszuholen. Mit diesem Schachzug würde Herr Lustig mit 100%iger Sicherheit davon überzeugt sein, dass ein Flugzeug in meinen Händen etwas Gutes wäre!!

ICH: "Herr Lustig, wir werden das Landefeld wechseln! Ein paar hundert Meter weiter westlich gibt es ein Segelfliegerlandeplatz. Die Chancen einer erfolgreichen Notlandung sind dort wesentlich höher, als auf einem Acker."

Gott, kam ich mir innovativ vor!! Zugegeben, hätte mein Ausbildungsleiter im letzten Checkflug nicht genau das gleiche Spiel mit mir getrieben und hätte mich auf so eine Option hingewiesen, so wäre ich wahrscheinlich bei dem Acker geblieben. Aber jetzt in diesem Augenblick war es MEINE Idee. Und die war einzigartig. Ein Ausdruck fachmännischer Luftfahrerschule. Der Inbegriff von Airmanship.

Und Herr Lustig... Er nickte nicht einmal.

Das Ziel war fest vor Augen und so langsam sah auch mein kleiner Joghurtbecher ein, dass er nicht ewig den Gesetzen der Physik trotzen kann. Noch ein paar hundert Meter galt es zu überwinden. Und nachdem eine Landung sicher zu sein schien, kam auch prompt das Signal zum Durchstarten. Ich gab also vollen Schub, konfigurierte das Flugzeug für den Steigflug und kurz darauf knarrte es durch den Äther:

"Die Übung war in Ordnung, aber der Acker vorhin hätte mir auch gereicht."

Na toll....