Mittwoch, 14. Oktober 2009

Sandwich - Teil 2

..und die Suppe wurde immer Dicker.

"Delta-Tango Golf, you're leaving the controll zone, frequency change approved"
zur freien Übersetzung:
"D-TG (mein Rufzeichen), Sie verlassen die Kontroll Zone und können meine Frequenz verlassen, sind somit auf sich allein gestellt und niemand ist mehr da der Sie vor irgendwelchen bösen Flugzeugen aus den Wolken warnt"

Na fein... jetzt war es also soweit. Mein Fluglehrer fing an wie wild im Navigationssystem rum zu tippen, um wenigsten eine zuverlässige Kursanzeige zu bekommen und faselte dabei irgendwas von "immer auf die Höhe achten". Tja und genau das tat ich: Ich versuchte nicht abzustürzen! So richtig wäre das auch nicht gegangen, unter mir war ja kein Boden sondern Strommasten und Windräder. Glaube, ich wäre gar nicht bis zum Boden gekommen ;-) Jedenfalls hatten wir wirklich Mühe zwischen Wolkendecke und dem was sich da unter uns befand zu bleiben. Nach Hause würden wir schon irgendwie kommen, solange ich keine Fehler machte, dass war schon irgendwie klar. Aber genau um dieses "Irgendwie" ging es. Wir wollten sicher nach hause ohne Angst vor Kollisionen haben zu müssen. Da kam meinem Fluglehrer eine Idee.
Ich sollte Langen Information rufen. Langen Information ist eines von 3 Deutschlandweiten Flugüberwachungzentren der deutschen Flugsicherung, welche versuchen uns Piloten, soweit es möglich ist, zu unterstützen. Nach 2 Versuchen und dem Hinweis meines Lehrers, dass der Controller erst sein Butterbrot weg legen müsse, bekamen wir endlich eine Antwort. Ich erklärte dem guten Mann wer ich war, wo ich war und was ich von ihm will, nämlich Informationen über möglichen Flugverkehr in meiner Nähe. Es folgten mehrere Minuten des Wartens und dann teilte man uns mit, dass man uns nicht identifizieren könnte auf dem Radar. Zum Glück gibt es an Bord der meisten Flugzeuge einen Peilfunksender mit aufschaltbarer Radarkennung, welches hier Abhilfe schafft.

"Delta-Tango Golf, SQWAK 6145, IDENT"
zur wirklich freien Übersetzung:
"D-TG, stellen Sie die Radarkennung 6145 ein, damit ich rausfinde wo sie überhaupt sind."

Die folgenden Augenblicke des Fluglotsen müssen nach Beschreibung meines Lehrers wie folgt ausgesehen habe: Der Fluglotse schaut mit leicht verschlafenem Blick auf sein Radar und sucht die von mir beschriebene Region ab. Das Einzige was er sieht sind zahllose Echos von Windrädern und Überlandstrommasten untersetzt mit einem Wetter Echo der Schlechtwetterfront in der Region. Und Urplötzlich blinkt ein kleiner Punkt mit der Radarkennung 6145 und einer hohe von knapp 500ft (150m) über Grund auf. Nahezu gleichzeitig geht ein kleiner Bodenannäherungsalarm los, welches dem Fluglotsen zu folgendem ungläubigen Funkspruch veranlasste:

"Delta-Tango Golf, Confirm, you are climbing out of 500ft???"
zur wirklich freien Übersetzung:
"D-TG, Bestätigen Sie bitte: Sie steigen gerade von 500ft über Grund auf?"

Die Antwort an dieser Stelle war leider ein klares "Negativ". Denn leider stieg ich nicht auf, sondern musste auf dieser wirklich geringen Höhe bleiben. Nach einigen Diskussionen über das Wetter und anderen Kleinigkeiten akzeptierte der nette Mann am anderen Ende des Äthers, dass ich wirklich nicht viel Alternativen hatte. Fortan ignorierte er also großzügig die Bodenannährungswarnung und gab mir in regelmässigen Abständen Informationen über den Verkehr in meiner Nähe, den Luftdruck (wichtig um die Höhe halten zu können) und andere nützliche Dinge.

Um den Weg nach Hause nicht unnötig lang hinaus zu zögern, bekam ich noch die Freigabe um ein gesperrten Militärluftraum durchfliegen zu dürfen und konnte unterstützt vom Fluglotsen, dem GPS System und einem zusätzlich empfangbares Navigationsfunkfeuer einen, trotz der miesen Sicht, sicheren Weg nach hause finden. Nachdem sich die Wolkendecke nach 20 Minuten auch etwas anhob und wir die Schlechtwetterfront hinter uns ließen, konnte ich endlich auf eine größere Flughöhe gehen. Mein Lehrer entspannte sich wieder und auch der inzwischen vom Bodenannährungssystem genervte Fluglotse, wurde wieder freundlich. 35 Minuten später war der Spuk vorbei. Die Flugsicherung entließ uns auf die Frequenz unseres Heimatflugplatzes und wir landeten bei schönstem Sonnenschein mit komplett durch geschwitzten Klamotten.

Training goes on....

Wo ist der Sommer?

Die Hände frieren, ich suche meinen Schal und die Mütze lacht mich verschmitzt aus dem Schrank an. Wir haben mitte Oktober und ich musste heute Morgen mein Auto vom Eis befreien. Wo ist der Sommer geblieben? Eben war er doch noch da..

Dienstag, 13. Oktober 2009

Sandwich - Teil 1

Mein letzter Flug ist schon einige Tage her, dennoch würde ich sagen, dass er mich ziemlich geprägt hat in meiner kurzen fliegerischen Laufbahn. Obwohl ich bisher größten Wert auf eine sichere Flugdurchführung gelegt habe, so muss ich doch sagen, dass ich an Bedenken bezüglich meiner Sicherheit bisher keinen Gedanken verschwendet habe. So jedoch nicht an diesem Tag!
Es ging von Bonn nach Mönchengladbach. Trainingsziel war es diesmal einen zweiten Verkehrsflughafen an zufliegen und sich mit den entsprechenden Verfahren vertraut zu machen. Nach 20 Minuten ruhigen Flugs erreichten wir unser Ziel. Was wir allerdings vorfanden war "nichts". Um es präziser zu sagen: Es zog derart schlechtes Wetter auf, dass wir vor Einflug in die Kontrollzone(eine mehrere Quadratkilometer große Sicherheitszone um den Flugplatz) kaum noch etwas sehen konnten. Wir hatten großen Mühe, uns von den Wolken fern zu halten und mussten daher immer tiefer sinken, um überhaupt noch etwas zu sehen. Und als dann noch der Funkspruch des Towerlotsen kam:
"Delta-Tango Golf, enter controll zone for direct approach, report runway insight"
oder zur freien Übersetzung:
"D-TG (mein Rufzeichen) fliegen Sie direkt zur Landebahn und melden Sie sich wenn Sie sie sehen.",

kamen mir schon leichte Zweifel an dem ganzen Unterfangen auf. Nach ein bisschen "Blindekuh" spielen, sahen wir endlich die helle Anflugbefeuerung der Landebahn und konnten sicher landen.


Aus den Solo Platzrunden die ich Fliegen sollte, also Platzrunden wo mein Fluglehrer am Boden bleibt, wurde somit nichts. Doch das Hauptproblem war wieder weg zu kommen von dem Flughafen!!! Um auf eine Wetterverbesserung zu hoffen, schauten wir uns noch das Flugplatzgelände an und holten uns aktuelle Wetterinfos. Doch besser wurde es leider nicht. Also wagten wir, nach einer halben Stunde Warten, einen Fluchtversuch.

Als Anmerkung: Es gilt in Deutschland eine Mindestflughöhe von 500ft (ca 150m) einzuhalten. Ich muss mich jedoch auch von den Wolken fern halten und muss entweder unter oder über der Wolkendecke bleiben.
"Delta-Tango Golf, clear for takeoff runway 31"

Und los ging es. Wir beschleunigten und hoben ab und stiegen. Und die Wolken kamen mit erschreckendem Tempo näher. 500ft musste ich also mindestens steigen! Doch da waren Wolken!!! "Jetzt ist guter Rat teuer", klingt es aus meinem Kopfhörer. Ein toller Spruch in so einer Situation, vor allem wenn er vom eigenen Fluglehrer kommt. Nach knapp einer Minute erreichten wir 500ft und über uns lag ein dicker schwarzer Teppich aus Wolken. Es ist fast als würde ich ihn mit der Hand berühren können.

"Delta-Tango Golf, turn left, leave controll zone via Whiskey"

Also schön, ich soll eine Linkskurve machen und der Autobahn unter mir folgen und machen das ich weg komme und die kontrollierte Zone verlasse. Die folgenden Minuten sah es so aus, dass direkt unter mir die Autobahn lag, darüber waren Hochspannungsleitungen gespannt, kurz darüber flog ich und kurz über mir war die Wolkendecke. 150Meter ist nicht viel!! Ich konnte mir jetzt keinen Fehler erlauben. Nach unten ging es nicht, da waren die Stromleitungen. Nach oben ging es auch nicht, da waren die Wolken. Also hieß es irgendwie die Höhe halten und auf Besserung hoffen. Aber solange ich in der Kontrollzone war wusste ich, dass zumindest kein Flugzeug aus den Wolken auf mich zu kommt. Deswegen ja auch der Name "Kontrollzone". Aber genau diese galt es zu verlassen und auf einmal war ich auf mich allein gestellt. Den stets entspannten Blick meines Fluglehrers suchte ich unterdessen vergeblich. Und die Suppe wurde immer Dicker....